Let's Make Lemonade Podcast 34
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Podcast: Let’s Make Lemonade #34 / Nachhaltigkeit als Markenwert

In der heutigen Folge unseres Podcasts sprechen Hendrik Heuermann (Sustainability Manager, H&M Deutschland) und Holger Thalheimer (CEO PHD Germany) über das Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz in Verbindung mit Marken. Denn in Zeiten eines wachsenden gesellschaftlichen Bewusstseins stehen diese Themen bei vielen Marken ganz oben auf der Agenda.

So berichtet Holger, dass bspw. fast sämtliche Pitches einen Nachhaltigkeits-Punkt im Briefing haben. Verstärkt wurde dies insbesondere durch den Pitch um H&M, das zu Beginn des Jahres 2021 als Kunde gewonnen wurde. H&M ist eine der Marken, die das Thema Nachhaltigkeit in der Marken-DNA verankert hat.

Nachhaltigkeit steht bei H&M seit 30 Jahren auf der Agenda

Hendrik führt aus, dass das Thema Nachhaltigkeit bei H&M ein äußerst komplexes ist und die verschiedensten Bereiche durchdringt. Dies beginnt bei den Stoffen, aus denen die Produkte hergestellt, aber auch wieder in den Kreislauf für neue Produkte zurückgeführt werden. Ebenfalls von größter Wichtigkeit sind aber auch Themen wie beispielweise die Herkunft der Stoffe und die Arbeitsbedingungen, unter denen die Menschen in den jeweiligen Ländern arbeiten.

Bei H&M steht Nachhaltigkeit bereits seit langer Zeit auf der Agenda und ist seit 30 Jahren Teil des Qualitätsmanagements in der Produktion. In vielen Ländern ist der H&M-Standard ein Orientierungspunkt und Qualitätssiegel für Lieferanten.

Ein kurzer Blick hinter die Kulissen: Bei der Planung eines Produktes gibt es einen Designprozess: Zunächst wird ein Produkt entworfen. Dann übernimmt die Buying Abteilung, wo selektiert wird, welche Lieferanten in welchen Ländern das leisten können. Und diese pitchen dann um den Auftrag. Auf Basis einer internen Wertung wird dann entschieden, wer den Auftrag bekommt – und Nachhaltigkeit spielt dabei eine wesentliche Rolle.

Dass H&M auf Langfristigkeit und Verlässlichkeit setzt, zeigt, dass in Zeiten der Corona-Pandemie die Lieferanten in den Ländern unterstützt wurden. Zum einen aus ethischen Gesichtspunkten, um die Menschen vor der Arbeitslosigkeit zu bewahren und die auf Langfristigkeit aufgebauten Partnerschaften zu erhalten, aber auch um möglichst schnell wieder die Produktion hochfahren zu können, sobald sich die pandemische Lage verbessert.

Konsumförderung und Nachhaltigkeit: Ein Interessenkonflikt?

Speziell in Deutschland geht H&M das Thema Mode auch aus einer kritischen Perspektive an und möchte den Umgang mit Kleidung neu ansetzen als das reine Verkaufen von Mode an die Käuferinnen und Käufer. Daher wurden Modelle wie u. a. Second-Hand, Vermietungen und Altkleider-Rücknahme gestartet.

Hendrik erlebte einen entscheidenden Moment in einem Meeting, als jemand sagte, dass es nicht darum geht, mehr zu verkaufen – also den Konsum anzukurbeln – sondern mehr zu verdienen. Aus Perspektive des Nachhaltigkeits-Experten ist die Vision, die uns treiben sollte, die Frage: Was wollen die Kundinnen und Kunden eigentlich? Kleidung besitzen? Nicht unbedingt. Sich ständig neu erfinden? Auf jeden Fall! D. h. Mode weiterdenken als nur das bisherige Modell: H&M bietet an und die Menschen kaufen.

Holger ergänzt, dass im Businessalltag, im Dialog mit Kunden auch ein Bewusstsein dafür geschaffen werden muss, inwiefern Kommunikation auch CO2-Emissionen verursacht. Eine Aufgabe, die er auch als Teil der Beratungsleistung der Agenturen versteht.

Wie wird das Thema Nachhaltigkeit in die Marken-Kommunikation integriert?

Grundsätzlich, so Hendrik, kann H&M von sich sagen, dass es in der Branche kein weiteres Unternehmen gibt, das global mit einer vergleichbaren Man- bzw. Woman-Power im Bereich Nachhaltigkeit ausgestattet ist.

Ob und wie Engagements nach außen getragen werden, wird dabei stark situativ entschieden. Sofern etwas publik gemacht werden soll, geschieht dies meist in einer moderaten Tonalität.

Beispielsweise hat H&M den Anteil an Biobaumwolle nach und nach erhöht und ist nun bei 100 % angelangt – ohne dass es seitens der Kundinnen und Kunden ein Druck gab. Dass es keine „grünen“ Ecken mit nachhaltiger Kleidung in den Stores gibt, hat den Grund, dass diese Art des Engagements immer vom Verkauf entkoppelt sein sollte. Denn wenn das Schicksal der Biobaumwolle an eine bestimme Kollektion geknüpft wird, dann ist die Zukunft der Biobaumwolle untrennbar mit dem Erfolg oder Misserfolg der Kollektion verbunden. Ziel von H&M war es aber, die absolute Menge an Biobaumwolle sukzessive anzuheben.
Mittlerweile wird daher genau getrackt, woher ein Produkt stammt, wie es hergestellt wurde, was genau im Produkt drin ist. Zudem werden regelmäßig Audits von Dritten durchgeführt, was zu einer selbstbewussten Haltung führt, die sich u. a. auch über den extra Reiter „Nachhaltigkeit“ auf der Website widerspiegelt.

Thema Kunden-Feedback: Wie hat sich dieses über die Zeit verändert und wie geht H&M damit um?

Hendrik erklärt, dass sich das Feedback seitens der Kundinnen und Kunden deutlich erhöht hat und H&M auch proaktiv agieren möchte. Unter anderem durch erhöhte Transparenz, wie beispielsweise das Offenlegen der Lieferantenliste. Oder über den sogenannten Higg-Index mittels dessen eine einheitliche Bewertung der Nachhaltigkeitsleistungen von Bekleidungs- und Schuhprodukten sowie von Heimtextilien vorgenommen werden kann. D. h. die H&M-Produkte können direkt mit Produkten anderer Hersteller aus der Branche verglichen werden.

Dabei betrachtet er das Thema Nachhaltigkeit mittlerweile als Hygienefaktor für Unternehmen und weniger als Alleinstellungsmerkmal. Entscheidend, so der Experte, ist es allerdings, eine moderne Definition von Nachhaltigkeit vorzuleben – was sich für jedes Unternehmen extrem lohnen wird.

Insgesamt sieht Hendrik die Marke H&M an einem Punkt angelangt, wo es heißen muss „Wir machen die Welt besser“ und nicht „weniger schlecht“. Aus diesem Grund hat es sich das Unternehmen zum Ziel gemacht, bis 2040 klimapositiv zu werden – also mehr Emissionen aus der Atmosphäre zu binden als zu emittieren.

Autor: Fabian Preiss, Director Marketing & PR/PHD Germany